Die Fallaufnahme erfolgt in einer traditionellen chinesischen Praxis nicht wesentlich anders als in einer Praxis bei uns. Was allerdings in der Diagnostik fehlt, sind die bildgebenden Verfahren und die chemische Analyse. Heute wird man sie aus Gründen der Vorsicht miteinbeziehen, da sie prognostisch von Bedeutung sein können.
Besonderes Augenmerk richten die traditionellen Ärzte und Ärztinnen auf die Zunge und den Puls. Die Zunge wird nach Erscheinungsbild, Farbe des Zungenkörpers und Art und Weise des Belags beurteilt. Dies allein gibt schon einen recht klaren Hinweis auf die die Krankheit verursachenden Faktoren. Beim Puls werden lehrbuchmässig 28 Qualitäten unterschieden (nach älteren Quellen noch wesentlich mehr), was aber eine lange Übung und eine gepflegte Hand erfordert. Es ist aber auch hier darauf hinzuweisen, dass die Resultate durchaus objektivierbar sind.
Es wird keinem traditionellen Ärztin/Arzt einfallen, nur auf Grund von Zungen- und Pulsbefund eine Therapie zu verordnen. Gesichtsfarbe, Temperaturempfinden, Schmerzen und Schmerzqualitäten, Störungen der Miktion, etc., runden das Bild im Verlauf der Anamnese erst ab. Was die Hauptbedeutung in der Diagnostik hat, hängt auch bei der chinesischen Ärztin vom Können und der Neigung ab. Wenn man Glück hat, trifft man in China noch auf Pulsdiagnostiker von traumwandlerischer Sicherheit. Solche aber sind (und waren es immer) eine Rarität.